Sven ist mit seiner Frau im September 2020 von Düsseldorf nach Zypern ausgewandert.
In Larnaka hat er das Atiflair Studio gemeinsam mit seiner Frau eröffnet, welches als Kunstatelier, Workshop-Ort, Begegnungsort für Künstler und Interessierte dient.
Sven ist aber nicht von der Kunsthochschule, sondern ein Unternehmer, der bereits mehrere Unternehmen gegründet hat.
Wie viele Unternehmen hast du bisher gegründet?
Ich bin bereits im 30. Jahr Unternehmertum und habe ein paar Sachen gehabt, an denen ich Jahrzehnte dran gearbeitet habe, an anderen nur ein paar Jahre. In den letzten 15. Jahren habe ich sehr viel in Dienstleistungen in den Bereichen B2B, E-Commerce, und Digitalisierung gemacht.
Wie viele genau weiß ich gar nicht mehr. Es gab immer ein paar Sachen, die nicht funktioniert haben und ein paar, die gut funktioniert haben.
Du bist trotzdem offline Unternehmer. Wie viele Angestellte hattest du in deinem Unternehmen?
In der Spitzenzeit waren es 500 in sieben Ländern. Zuletzt in Deutschland waren es 20 an zwei Standorten. Jetzt bin ich nur noch allein mit meiner Frau, was sehr angenehm ist.
Es auch sehr schön, wenn man für niemanden mehr verantwortlich ist.
Wieso habt ihr euch für Zypern entschieden?
Auch Freunde und Bekannte haben uns gefragt, warum es Zypern ist. Bei uns war es Liebe auf den ersten Blick. Wir hatten keinen konkreten Plan, wo wir hinwollten. Ich habe bereits einmal ein bisschen auf Mallorca gelebt und kannte es im Ausland zu leben. Ich bin damals immer gependelt und hatte dort meinen Zweitwohnsitz.
In Zypern wussten wir bereits nach einem halben Tag, dass wir hierbleiben wollen. Wir waren auf der Suche, aus dem deutschen Trott herauszukommen. Zypern hat uns ab dem ersten Moment überzeugt, weil wir auch immer schon den Wunsch hatten im Süden und am Meer zu sein.
Warum wir uns für den Verbleib auf der Insel entschieden haben, war die Mentalität der Zyprioten und der Menschen, die hier ausgewandert sind.
Mein Vater ist nach Spanien ausgewandert und ich habe auch schon ein paar Ecken der Welt gesehen. Aber wir konnten uns aufgrund der Mentalität der Leute, wie sie auf das Leben blicken und welche Wahrnehmung sie davon haben, nie vorstellen an einem dieser Orte zu bleiben.
Wir haben jetzt einen siebenjährigen Sohn, also mussten wir auch überlegen, wo wir als Familie wohnen können, wo unser Kind zur Schule gehen kann und so weiter. Es gibt überall auf der Welt Orte, wo die Menschen entspannt und eher „Laissez-faire“ sind. Aber diese tiefe Freundschaft, die Freundlichkeit, und die Hilfsbereitschaft gepaart mit einer Leichtigkeit, fasziniert uns bis heute.
Was waren für dich aus unternehmerischer Sicht die Standortvorteile von Zypern?
Ich habe jetzt hier nur das Kunstatelier, also keinen großen Laden.
Aber es ist leicht, etwas anzufangen und Projekte zu starten. Man wird wenig reguliert. Ich hatte AGs und GmbHs in der Schweiz, Deutschland und Österreich und da kennt man die ganze Bürokratie. Hier ist es einfach leichter. Man hat das Gefühl, dass man hier als Unternehmer willkommener und akzeptierter ist, wenn man was schaffen will und Geld investiert.
Ich habe es anfangs gar nicht gewusst, dass es hier auch bei den Steuern sehr große Vorteile gibt. Das hatte ich gar nicht mitbekommen. Ich konnte das zu Beginn gar nicht glauben, dass man bei der Gründung und bei den Auszahlungen so viele Vorteile hat.
Da ich lange Unternehmer in Deutschland war, habe ich schon so viele Abgaben gezahlt, dass ich mir das gar nicht vorstellen konnte.
Hier muss ich nur die Körperschaftssteuer zahlen. Dass es insgesamt weniger sein wird, wusste ich, aber dass es am Ende weniger arbeiten gleich mehr haben ist, finde ich super.
Zypern ist deswegen aber kein Steuerparadies, sondern man hat hier als Unternehmer sehr gute Bedingungen, was den Spitzensteuersatz angeht.
Wie lange hat bei euch der Auswanderungsprozess gedauert?
Knapp ein halbes Jahr. Wir sind Ende Februar 2020 hier angereist, hatten alle Termine mit Schule, Haus und bei dir am Unternehmerstammtisch. Aber als dann Ende März der Lockdown kam, haben sie das Hotel geschlossen, in dem wir waren.
Wir mussten dann mit einem dieser Sonderflüge zurück nach Deutschland und dort bis Mai noch warten, bis wir wieder loskonnten. Geplant war alles in drei Monaten zu machen, aber aufgrund der Ereignisse, hat es vier Monate länger gedauert.
Wir hatten davor bereits alles verkauft und abgeschlossen, was noch zu erledigen war. Deswegen war der Prozess für unsere Verhältnisse schnell.
Wie haben Familie und Freund darauf reagiert?
Sehr unterschiedlich. Jetzt verstehen sie es vielleicht mehr, denn jetzt sehen sie mich auch anders, wo ich es wirklich gemacht habe.
Wir sind maximal raus aus unserer Komfortzone, weswegen viele aus der Familie Unverständnis hatten, warum wir alles aufgeben, wo wir doch alles hatten. Meine engen Freunde meinten aber: Ja klar, wenn nicht jetzt, wann dann?
Denn sie wussten, dass ich diese tiefe Sehnsucht in mir trage.
Die Tatsache, dass es Zypern war, sorgte für zusätzliche Verwirrung. Denn vor allem Familie und die Oma wussten nicht, was Zypern ist. Die dachten, ich ziehe in den Dschungel.
Bei vielen Deutschen steht Zypern gar nicht auf dem Zettel, da sie entweder denken, dass hier Krieg ist, oder dass das Land pleite ist.
Jetzt sind hier aber schon Familien, Paare mit Kleinkind, oder Schwangere hin ausgewandert. Die Auswanderer-Community ist hier also sehr bunt und vielfältig geworden. Man kann hier seine Ruhe haben und es gibt dennoch sehr viele Möglichkeiten sich zu vernetzen.
Was hat euch auf Zypern gebracht?
Wir waren schon einmal auf Kos und mochten die griechischen Inseln. Aber ich weiß nicht mehr, warum wir uns dazu entschieden haben, uns Zypern anzuschauen. Ich glaube, das war einfach ein Anschauen und mal gucken, was das ist.
Das allererste Mal war ich allein hier und hab dann meiner Frau immer Videos und Bilder gezeigt, wie schön es hier ist und wie gut die Atmosphäre hier ist. Als wir dann gemeinsam hierher sind, haben wir uns direkt gemeinsam in die Inseln verliebt.
Wie war die erst Wahrnehmung bei deiner Frau?
Sie hat auf ganz andere Dinge geachtet, zum Beispiel, wie es hier mit den Schulen, den Krankenhäusern und so weiter aussieht. Aber am Ende war es für uns ein reines Bauchgefühl. Wir hatten uns gesagt, dass wenn wir spüren, dass es uns hier gefällt, dann probieren wir das aus.
Wir haben alles erst einmal auf ein Jahr angesetzt, um nicht in Verträge oder Sonstiges verwickelt zu sein. Aber wir haben nach einem halben Jahr bereits unseren Mietvertrag auf zwei Jahre verlängert und unseren Sohn auf die Schule geschickt. Da war schon alles klar, dass wir hierbleiben.
Ich würde jetzt nicht wie manche anderen Auswanderer sagen, dass in Deutschland alles schlecht war und dass hier jetzt alles besser ist. Wir hatten in Deutschland auch ein sehr gutes Leben und das Leben hier kann in manchen Teilen anspruchsvoller sein als in Deutschland. Aber dieses anders sein, ist genau das, was wir wollten. Es ist wie ein Upgrade in vielen Hinsichten.
Gab es für euch Herausforderungen?
Nein, eigentlich nicht. Viele haben uns gesagt, dass man hier akzeptieren muss, dass die Dinge hier langsamer und unverbindlicher sind. Aber ich will das nicht akzeptieren, sondern lieben. Denn ich denke, dass es keine Boshaftigkeit ist, sondern es gibt hier einfach ganz andere Prioritäten, wie Familie, Liebe, Gemeinschaft.
Ich bin genau deswegen hierhergekommen, weil ich diese Art so liebe. Man darf hier also gar nicht mit seiner deutschen, österreichischen, oder schweizerischen Erwartungshaltung herkommen und sie den Menschen hier überstülpen, denn das haben sie hier nicht verdient. Wir können ja nicht die Eigenschaften, die wir an den Menschen hier schätzen, nehmen und gleichzeitig darüber meckern, wenn etwas nicht so läuft, wie wir uns das vorstellen.
Was würdest du jemandem mitgeben, der sich vorstellen kann, nach Zypern auszuwandern?
Das schöne ist, dass es hier sehr viele Möglichkeiten gibt. Es gibt hier zwar alles, aber noch nicht in geil. Das heißt nicht, dass die Dinge hier schlecht sind, sondern vielleicht ein bisschen alt eingesessen oder von der Qualität und vom Marketing her noch nicht top.
Deswegen denke ich, dass alle die, die noch einmal angreifen möchten, aber auf einem gemütlichen Niveau, dann ist das hier ein Paradies.
Wenn man hier die Qualität und das Mindset importiert, dann kann man hier sehr viel machen.
Hat dir bei deinem Auswanderungsprozess etwas gefehlt?
Ich durfte ja jetzt die ganzen Interviews, die du hier machst, begleiten. Da habe ich schon gemerkt, dass so ein Mentor wie du sehr hilfreich gewesen wäre. Denn ich musste alles allein herausfinden. Das war machbar, aber auch eine Herausforderung alles mit Familie und Unternehmen aufbauen etc. zu planen und organisieren.
Ich würde sagen, dass ich bis heute noch nicht alles weiß, aber da ist es top, dass wir jetzt befreundet sind. Also wenn man irgendwas braucht, dann muss man nur Stefan fragen. Du bist da echt der Fels in der Brandung.
Wie wichtig ist für dich die deutschsprachige Community für dich?
Wenn man auswandert, muss man ja aus sich herausgehen und Anknüpfungspunkte finden. Die Frage ist dann natürlich, zu welchen Anlässen man geht und wo findet man auch „Gleichgesinnte“.
Da ist es in dieser Community sehr schön, da es sehr freundschaftlich und kollegial zugeht und man alles fragen kann. Wir haben alles über die Community bekommen. Unser Haus, unseren Hund, unsere Bekannten. Bis hin zu unserem Internetanschluss hat jemand organisiert, weil er jemanden kennt, der jemanden kannte. Es läuft hier ja alles über Kontakte. Deswegen ist diese Community so wertvoll.
Wem würdest du Zypern als Standort empfehlen?
Das ist jetzt schwierig zu sagen. Eigentlich ist es von den Rahmenbedingungen für jeden etwas.
Ich könnte aber sagen, für wen es nichts ist. Es ist nichts für jemanden, der diese deutschen Erwartungshaltungen mit sich bringt, der seinen Standard gewöhnt ist. Der kommt mit Südländern nicht klar.
Jemand mit Sonnenallergie hätte hier auch ganz schlechte Karten.
Es ist im Grunde für alle etwas, die was ausprobieren und was machen möchten. Wer davon träumt mal aus seiner Komfortzone herauszugehen und minimalistischer und ruhiger zu leben, für den ist Zypern einer der besten Plätze.
Wir sind hier noch in der EU, alle sprechen Englisch, du bekommst hier alles, was du brauchst. Es ist also wirklich ein kleines Paradies hier.
Wie siehst du die Entwicklung der Insel in den nächsten Jahren?
Das ist jetzt nicht offline, was ich mache. Aber wir stellen gerade eine Website zusammen CyprusU.com, die wie ein Google für Immobilien ist. Denn bislang ist der Markt hier sehr unübersichtlich, wenn du nach etwas mit gewissen Kriterien suchst. Wir aggregieren alle Angebote, die es auf Zypern gibt und machen die durchsuchbar.
Dadurch sieht man, wo viele Neubauprojekte sind, wo Häuser zum Verkauf stehen, wie die Preisentwicklung ist. Wir haben 40.000 Immobilien auf der Seite, wodurch man einen sehr guten Blick auf die Lage kriegt.
Es ist sehr offensichtlich, dass hier sehr viel entsteht, sehr viel gebaut wird. Also es kommt vieles und es wird auch viel investiert. Deswegen entstehen dort herum auch viele Sachen, wie zum Beispiel Schulen, Kindergärten, Sportplätze, Restaurants, Supermärkte usw. Es ist also ein kommendes Land. Ich freu mich auf die Zukunft.
Was treibt dich an, was ist dein „Warum“?
Gerade ist es die Balance zu zwischen Familie und einer sinnstiftenden Tätigkeit zu finden. Mich macht sehr glücklich, dass ich etwas mit meiner Partnerin zusammen machen kann und dass wir diese Zeit gemeinsam genießen können.
Ich war früher nur in der Welt unterwegs und heute kann ich mit meinem Sohn jedes Frühstück und jedes Abendessen zusammen verbringen. Das ist für mich und meine Familie traumhaft und dafür ist Zypern der perfekte Platz.
Früher hatte ich auch Zeit für meine Familie, aber da war ich mit meinem Kopf immer in noch in einem Meeting oder bei der Arbeit. Das ist jetzt gar nicht mehr so. Wir sind hier auch alle mehr Draußen, man trifft sich mit seinen Freunden nicht im Starbucks, sondern wir gehen Stand UpPaddeln am Strand. Hier kann man Natur anders erleben. Man ist viel aktiver im Leben dabei und viel spontaner in der Sache. Es kommt auch nicht darauf an, wer du bist oder was du hast.
Was möchtest du den Lesern noch mitgeben?
Das haben schon viele gesagt, aber ich möchte das auch noch einmal herausstellen. Dein Engagement hier ist wirklich einzigartig. Ich kenn bei dir die Business-Idee dahinter und ich weiß, dass du das zu 99,9 %aus Liebe tust und weil du an die Sache und an Zypern glaubst.
Stefan bekommt da keinen Euro für, das muss auch einmal gesagt werden. Alles, was Stefan organisiert, macht er aus dem Glauben an die Sache heraus.
Ich merke das und ich finde, dass es wichtig ist, dass ihr das wisst.